Ein Apfeljahr | Ausgabe 1 – Dezember 2018

Über die letzten Jahre hinweg konnte man feststellen, dass der Bezug der Konsumenten zu den gekauften Lebensmittel immer mehr verloren ging. Auf der anderen Seite steigt aber in der jüngeren Vergangenheit das Bedürfnis und das Interesse der Konsumenten zu wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und wie diese hergestellt werden. Welche Produkte kaufen wir eigentlich tagtäglich ein? Was steht dahinter? Was geschieht, bis das Lebensmittel – in unserem Fall der Apfel – in das Supermarktregal kommt und somit schlussendlich beim Konsumenten landet? Welcher Arbeitseinsatz ist seitens der Obstproduzenten dafür notwendig, um einen erstklassigen steirischen Apfel zu produzieren, damit dieser von den Konsumenten geschätzt und auch gekauft wird? Die Konsumenten wollen erstklassiges, fehlerfreies Obst zu einem attraktiven Preis. Was aber sind die Erwartungen und Wünsche beispielsweise eines Obstproduzenten? Welche Risiken und Investitionen sind ihrerseits zu tätigen, um all diesen Ansprüchen entsprechen zu können?

Es gibt viele offene Fragen und wir wollen versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Wir haben uns daher entschieden, gemeinsam mit einer Obstproduzentin ein ganzes Produktionsjahr in Form eines Blogs zu gestalten. Diesen werden wir monatlich erweitern und jeweils die Schwerpunkte des vorangegangenen Monats aus der Sicht der Obstproduktion betrachten. Wir starten im Dezember 2018, also nach der Ernte, und begleiten Fr. Karin Lafer und ihre Familie über die nächsten Monate hinweg in ihrem täglichen Leben in der Apfelproduktion. Es ist unser Wunsch und Ziel, dass wir mit unserem Blog Konsumenten und Interessierten die Arbeit einer Obstproduzentin näher bringen.

EVA Apples: Hallo Karin, vorab vielen Dank, dass du und deine Familie euch die Zeit nehmt, uns ein ganzes Jahr gemeinsam zu begleiten. Wir wollen unseren Lesern und Interessierten die Arbeit im Obstbau näher bringen, aber auch über die großen Herausforderungen sprechen, die uns alle in der Obstwirtschaft betreffen. Wir dürfen gleich starten. Karin, wir haben den 05. Dezember, es hat 5°, das Wetter ist…für Dezember gut, aber nicht unbedingt einladend für Outdoor Aktivitäten. Du und dein Vater seid in eurer Obstanlage zu zweit. Was macht ihr heute?

Karin: Wir erledigen gerade einen Teil unserer Winterschnittarbeiten. Die Anlagen sind auf Grund des trockenen und schönen Wetters derzeit so gut befahrbar, dass wir die Gelegenheit nutzen und die Wipfel der Bäume mit Hilfe unserer selbstfahrenden Bühne schneiden.

EVA Apples: Allein diese Obstanlage wirkt auf den Betrachter riesig. Welche Sorte habt ihr hier gepflanzt und wie lange braucht ihr zu zweit, bis ihr alle eure Obstanlagen (zu zweit) geschnitten habt?

Karin: Hier sind ca. 1,5 ha der Clubsorte Evelina gepflanzt.

Gefühlt brauchen wir ewig. Nein man kann es nicht so pauschal sagen. In den Wintermonaten ist dies unsere Hauptarbeit, weil ja doch zuerst der Wipfel geschnitten wird und danach im zweiten Arbeitsschritt der restliche Baum. Weiters hängt es auch ziemlich stark vom Alter der Anlage, von der Wüchsigkeit, von der Sorte und dem Blütenknospenansatz ab. Aber so ungefähr benötigen wir  80-120 Stunden pro Hektar.

EVA Apples: Auf was müsst ihr beim Winterschnitt achten? Dabei handelt es sich ja um einen wesentlichen Arbeitsschritt in der Obstproduktion. Bitte erkläre uns, welchen Einfluss die Arbeit jetzt im Dezember auf die Ernte nächstes Jahr im Herbst haben wird?

Karin: Genau der Winterschnitt ist ein sehr wichtiger Arbeitsschritt in einem Produktionsjahr. Dadurch, dass wir dabei altes und abgetragenes Holz entfernen und zu stark gewachsene Äste raus schneiden, ist es uns möglich viel Licht in die Bäume zu bringen , was ein entscheidender Aspekt für Ausfärbung und Zuckergehalt ist. Des Weiteren können wir bereits hier durch erkennen der Blütenknospen die Menge und Qualität der zu erwartenden Ernte regulieren.

EVA Apples: In den letzten drei Monaten war die Ernte. Wie seid ihr persönlich mit der vergangenen Ernte und den Qualitäten zufrieden? Wie waren die klimatischen Voraussetzungen im Vergleich zur Vergangenheit?

Karin: Wir können auf ein sehr positives und fruchtbares Produktionsjahr zurück schauen. Mit sehr guten Qualitäten im Sinne von großen, saftigen, schön ausgefärbten und geschmacklich ausgezeichneten Äpfeln.

Häufiger werdende Starkniederschläge inklusive Unwetter und Hitzeperioden, aber auch Frost vor allem Spätfröste stellen uns schon vor einer immer größeren Herausforderung wirklich qualitativ einwandfreies  Obst zu produzieren

EVA Apples: Was waren während der letzten Ernte (2018) die größten Herausforderungen für euch?

Karin: Durch die hohen Temperaturen während der Ernte hatten wir ein extrem kurzes Erntefenster. Sprich der Reifezeitpunkt der einzelnen Sorten hat sich so zusammengeschoben, dass es fast nicht möglich war die Erntedurchgänge optimal zu planen. Zusätzlich wird es immer schwieriger gute, motivierte und ausdauernde Erntehelfer zu finden

EVA Apples: Wir hatten jetzt zwei aufeinanderfolgende Frostjahre. Wie geht man als Familienbetrieb mit so einer wirklich dramatischen Situation um?

Karin: Durch familiären Zusammenhalt und gegenseitiges Motivieren, das Geschehenes hinter sich zu lassen und nach vorne zu schauen, denn man muss bedenken, wir hatten dieselbe Arbeit aber durch den großen Ausfall viel weniger Einkommen, was schon ein sprichwörtliches Loch in die Tasche reißt. Deshalb war für uns gleich klar, dass wir eine Lösung brauchen. Dies war die langfristige Investition in eine Frostschutzberegnung. Und siehe da, es hat sich ausgezahlt und wir konnten im zweiten Frostjahr Schlimmeres verhindern und eine gute Ernte einfahren.

EVA Apples: Was denkst du werden zukünftig die größten Herausforderungen für den steirischen Apfelanbau sein?

Karin: Die klimatischen Veränderungen im Sinne von Frost, Hitze, Unwetter etc. und den Konkurrenzdruck von den osteuropäischen Ländern auf Dauer standzuhalten. Durch die höheren Lohnkosten und steilen bzw. kleinen Flächen sind wir doch stark benachteiligt. Auch das Preisdumping, das auf unseren Rücken ausgetragen wird, beschönigt die Zukunftsaussichten nicht unbedingt. Ein entscheidender Faktor wird auch sein, ob es uns immer gelingt, dass der Konsument auf heimische Ware zurückgreift oder doch die durch Überproduktion entstandene billige Ware aus dem Ausland nimmt. Aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Glyphosateinsatz, Saisonarbeitskräfte etc. sind nicht außer Acht zu lassen.

EVA Apples: Zum Abschluss möchten wir euch auch immer die Möglichkeit geben, uns eine Frage zu stellen. Bitte:

Karin: Welchen Stellenwert hat aus eurer Sicht der steirische Apfel am Weltmarkt  bzw. was sind eure größten Herausforderungen?

EVA Apples: Der steirische Apfel genießt einen sehr hohen Stellenwert. In unserem Segment der Qualitätsanbieter ist der steirische Apfel sicher in einer Liga mit Produktionsländern wie Frankreich oder Italien. Natürlich ist das aber auch eine sortenabhängige Geschmacksfrage. Aber wie du schon richtig angesprochen hast, der Weltmarkt ist natürlich groß und Österreich ein sehr kleines Produktionsland. Die Konkurrenz ist extrem hoch und auch wir haben mit einer immer stärker werdenden Mitbewerb aus Osteuropa zu kämpfen. Daher wird es zukünftig noch wichtiger werden, den Fokus kontinuierlich auf die Produktion von hochwertigem und gut schmeckendem Obst zu legen. D.h. die Qualität ist bedingungslos in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen unseren Kunden auch noch stärker vermitteln wo wir und unsere Äpfel herkommen. Was ist das besondere, einzigartige an unserer Region und unseren Äpfeln? Da gibt es natürlich mit dem vulkanischen Boden, der beeindruckenden Landschaft, den kleinen familiären Produktionseinheiten und den günstigeren klimatischen Voraussetzungen, im Vergleich zu anderen Regionen, schon Akzente, mit denen wir uns stolz als einzigartiges und besonderes Produktionsgebiet von hochwertigem Obst positionieren  können.

Karin, vielen Dank für das spannende Interview. Wir treffen uns das nächste Mal im Jänner 2019. Bis dahin wünschen wir von EVA Apples dir und deiner Familie frohe Weihnachten und einen guten Start in ein erfolgreiches neues Jahr.